Schwieberdinger nehmen Flüchtlinge auf

Binnen weniger Tage wurden ihr Haus und ihre Wohnung zu Herbergen. Die Paare Julia und Jörn Spikker sowie Anna Pollerhoff und Jorge Lahoz Bonet aus Schwieberdingen haben vier ukrainische Frauen mit Kindern bei sich aufgenommen. Hier erzählen sie, wie es dazu kam und wie der neue Alltag verläuft.

Alles begann spontan und kurzfristig als die ukrainische Pflegekraft von Annas Nachbarin uns um Hilfe für ihre im Kriegsland lebende Familie bat. Da mussten wir nicht lange überlegen. Wir sagten ihnen, dass sie bei uns willkommen sind.

Während sich die Frauen und Kinder in der Ukraine auf den Weg nach Deutschland machten, richteten wir unsere freien Zimmer her. Wir stellten Betten auf, füllten Regale mit Spielsachen von Freunden und legten Kleidung in die bereitgestellten Schränke. Wir wollten ihnen das Ankommen so angenehm wie möglich machen.

Leider hat sich die Flucht aus der Ostukraine als langwierig und gefährlich herausgestellt. Sie haben knapp zwei Tage vor der polnischen Grenze gewartet, bis sie diese passieren durften. Als sie endlich in Krakau im Zug nach Berlin saßen, verspätete sich die Abfahrt um weitere sechs Stunden wegen eines Cyberangriffes. Mitten in der Nacht kamen sie in Berlin an ohne Gewissheit wie sie weiter nach Stuttgart kommen. Nach fünf nervenzehrenden Tagen waren sie endlich am Stuttgarter Hauptbahnhof – mit kaum mehr als sie tragen konnten. 

Trotz der großen Sprachbarriere hat dank der App „Google Translator“ alles von Beginn an super funktioniert. Sowohl Organisatorisches, Unterhaltungen und Späße sind mit dieser Anwendung kein Problem.

Innerhalb kürzester Zeit wurden aus Fremden Familie. Die Umstände sind sehr tragisch, dennoch sind wir froh, einander gefunden und kennengelernt zu haben. Mittlerweile hat sich ein gemeinsamer Alltag entwickelt: gemeinsames Frühstück, Spielplatzbesuche, Erledigungen, Unterhaltungsprogramm, gemeinsames Kochen am Abend. Und dennoch hat jeder seine Zeit für sich sowie Rückzugsmöglichkeiten. Unsere Wohnsituationen geben das zum Glück her beziehungsweise wir haben es möglich gemacht, indem wir uns eingeschränkt haben. So haben wir ein Arbeitszimmer aufgelöst und darin ein Gästezimmer eingerichtet.

Wir haben inzwischen ein riesiges Netzwerk an Hilfen aufgebaut – egal, ob Sach- oder Geldspenden, Übersetzungsdienste und neue Unterkünfte für weitere ukrainische Familien. Hin und wieder stießen wir auf Ablehnung, überwiegend wurden wir aber unterstützt. Auch das Schwieberdinger Rathaus, die Filiale der Kreissparkasse in Schwieberdingen und die Frauenarztpraxis Dr. Mai haben unseren Familien aus der Ukraine schnell und unkompliziert geholfen.

Wir können es nur jedem, der die Möglichkeit hat, ans Herz legen, Flüchtlinge bei sich aufzunehmen und dadurch unglaublich tollen und starken Menschen in so einer schlimmen Zeit zu helfen! Jeder von uns würde sich dies in einer Notlage wünschen!

Das wird aktuell gebraucht

Krieg in der Ukraine: Aus Schwieberdingen wird aktuell ein Hilfstransport organisiert. Gerne teilen auch wir diese Aktion auf unserer Seite. Hier die Infos:

Die Schwieberdinger Familie Bytniewski organisiert einen Hilfstransporte und wird dabei von der Hermann-Butzer-Schule unterstützt.

Gebraucht werden vor allem medizinische Artikel, haltbare Lebensmittel und Hygieneartikel. Details entnehmen Sie bitte der beigefügten Auflistung (siehe Artikelende pdf). Wir bitten Sie höflich, nur Dinge von der Liste vorbeizubringen und die Spenden sortiert und beschriftet abzugeben. Damit erleichtern Sie den Helfern die Arbeit enorm.

Warenannahme ist von Montag (21. März) bis Donnerstag (24. März) jeweils von 15 bis 17 Uhr im EG der Hermann-Butzer-Schule, Raum R34.

Besonders dringend gebraucht werden Taschenlampen, Batterien, Walkie -Talkies und Powerbanks.

Natürlich wird auch Geld gebraucht, zum Beispiel für Benzin. Es wurde folgendes Spendenkonto eingerichtet:

Katholische Kirchenpflege

IBAN: DE82 6045 0050 0000 0055 55

BIC: SOLADES1LBG

Verwendungszweck: Ukraine Hilfe Kiga St. Johann

Infos für private Helfer

Sie haben privat Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen oder möchten diese anderweitig unterstützen? Dann melden Sie sich bitte bei der Gemeinde Schwieberdingen. Ihre Ansprechpartnerin ist die Integrationsbeauftragte Iris Holzwart-Schäfer. Sie erreichen sie unter der Telefonnummer 0173/6028153 oder per E-Mail unter: Ukraine-Einsatzteam@schwieberdingen.de.

Auch wenn Sie anderweitig in Kontakt mit Menschen aus dem Kriegsland stehen (schon ausgereiste oder Personen, die vielleicht bald fliehen werden) und dieszbezüglich Fragen haben, können Sie sich gerne an Frau Holzwart-Schäfer wenden.

Zum Nachdenken

Foto: www.JenaFoto24.de / pixelio.de

In den Zeiten des Lockdowns finden viele Veranstaltungen nicht statt – so auch die Sprachkurse für die Geflüchteten. Afissou hat in dieser Zeit nicht nur sein Selbststudium der deutschen Sprache fortgesetzt, sondern er hat auch ein Gedicht verfasst. Er schrieb es zunächst in Französisch, der Amtssprache seines Heimatlandes Togo. Er hat sogar die deutsche Übersetzung gemacht, an der wir, in Rücksprache mit ihm, nur kleine Veränderungen vorgenommen haben.

Menschlichkeit

Unabhängig von der Farbe deiner Haut
oder der Form deiner Nase,
unabhängig von deiner äußeren Gestalt
oder der Farbe deiner Augen:

Du bist weder ein Untermensch
noch ein Übermensch.
Du hast ein Herz, hast Ziele und Träume.

Du gehörst zwar einer Familie und einer Kultur an.
Dennoch wisse, dass du zu allererst
zur menschlichen Familie gehörst.

Unabhängig von deiner Kultur
oder dem Land, aus dem du kommst:
wir können uns verstehen.

Freundlichkeit und Güte berühren überall,
Ungerechtigkeit tut weh.
Frieden ist ein Ideal.

Bewahre deine Kultur und gehe gemeinsam mit
Menschen aus andersartigen, dir fremden Kulturen,
die wie du nach einer gerechteren und
menschlicheren Welt streben.

Afissou

Foto: http://www.JenaFoto24.de / pixelio.de

So lief 2020 bei uns

Andreas Hermsdorf / pixelio.de

Wir haben ein sehr besonderes Jahr hinter uns, auch in der Zusammenarbeit mit den Geflüchteten. Corona und die damit einhergehenden Verordnungen forderten auch in unserem Kreis ihren Tribut. Wir mussten gerade begonnene Projekte wie die Hausaufgabenbetreuung aufgeben oder auch liebgewordene Treffen, sei es in der Sprachvermittlung oder im geselligen Beisammensein, streichen. Was als Möglichkeit blieb, waren Einzelkontakte per Telefon oder persönlich, bevorzugt draußen. Auf Distanz Kontakt zu halten, ist schwierig, aber möglich. Ganz neue Kontakte herzustellen mit neu zugezogenen Geflüchteten, erweist sich unter diesen Bedingungen als fast unmöglich.

Anfang 2020 hatten wir die Grundschulkinder zu einem Kinobesuch eingeladen und geplant, so etwas bei nächster Gelegenheit zu wiederholen – daraus wurde leider nichts.

Im Lockdown haben wir versucht, wenigstens jene Kinder über das Handy bei ihren Hausaufgaben zu betreuen, die zu Hause von den Eltern keine Unterstützung erhalten können.

Wie so viele andere hoffen deshalb auch wir, bald wieder zur Normalität zurückkehren zu können – und üben uns in Geduld.

Beim Glitzer wird kräftig zugelangt

Jetzt wird es weihnachtlich! Bei der Bastelstunde des Freundeskreises Asyl schnitten Jungs und Mädchen aus Pappe Tannenbäume aus, umwickelten sie mit Wolle und streuten Glitzer drüber. Manche ließen die Wolle auch einfach weg und stürzten sich gleich auf das Glitzer. Zudem bastelten sie aus Eisstilen Sterne. Keine Frage, dass auch da jede Menge Glitzer drauf kam. Dann noch schnell ein Bändchen dran – fertig waren die Anhänger für die weihnachtlich geschmückte Wohnung.

Infos über Veranstaltungen und Aktionen rund um den Freundeskreis gibt es in unserem Blog.

Der Nikolaus im Whatsapp-Status

Kinderaugen zum Leuchten bringen ist toll! Noch schöner wird es, wenn auch die Augen der Eltern und Verwandten strahlen. Genau das ist unserem Nikolaus mit seinen Gefolgsleuten vergangene Woche gelungen. Am 6. Dezember schaute der bärtige Mann bei den Flüchtlingskindern vorbei und brachte ihnen kleine Geschenke mit. Die Kinder, die den Brauch mittlerweile gut kennen, himmelten den Nikolaus an. Eltern und ältere Kinder zückten ihre Handys und hielten den Besuch mit der Kamera fest. Zum Lied „Lasst uns froh und munter sein“, das eine Helferin des Nikolauses auf der Gitarre begleitete, wurde schließlich auch gefilmt. Und so schmückte die Aktion später manch einen WhatsApp-Status. Freude teilen ist einfach schön – und das gilt wohl für alle Kulturen.

Infos über Veranstaltungen und Aktionen rund um den Freundeskreis gibt es in unserem Blog.

Nikolaus 2019 01

Wir sagen HERZLICHEN DANK!

Noch bevor die Flüchtlingskrise 2015 ihren Höhepunkt erreichte, hatten Menschen in vielen Orten Deutschlands die Notwendigkeit erkannt, den Geflohenen auf unbürokratische Weise zu helfen. In Schwieberdingen waren es die evangelische und dann auch die katholische Kirchengemeinde, die im Sommer 2014 die Initiative ergriffen hatten und den Freundeskreis Asyl auf den Weg brachten.

Seither haben zahlreiche Ehrenamtliche den Asylsuchenden auf vielfältige Weise unter die Arme gegriffen. Wir haben Sprachkurse ins Leben gerufen, die Geflohenen bei Behördengängen begleitet, sie mit unserer Vereinskultur vertraut gemacht, die Flüchtlinge mit Kleidung versorgt, amtliche Briefe erklärt, zu Infoveranstaltungen eingeladen und oftmals auch einfach nur ein offenes Ohr für die Neuankömmlinge gehabt.

Auch Abschiebungen gehörten zu unserem Alltag, ebenso Familienzusammenführungen.

Unser Einsatz trägt viele Früchte. Allerdings ist das nur möglich, weil wir von vielen Seiten Unterstützung erfahren beziehungsweise erfahren haben. Deshalb möchten wir anlässlich unseres fünfjährigen Bestehens DANKE sagen.

DANKE an:

  • die evangelische und die katholische Kirchengemeinden, die 2014 das Heft in die Hand nahmen und die Gründung des Freundeskreises anstießen. Beide Kirchengemeinden sind weiterhin wesentliche Unterstützer unserer Arbeit, indem sie unter anderem Räume für Sprachkurse und den Treff International bereitstellen
  • die Vereine, die die Geflohenen mit offenen Armen empfangen haben
  • die Firmen, die trotz Sprachbarrieren Asylsuchende angestellt haben
  • die Gemeinde Schwieberdingen und den Landkreis Ludwigsburg, an die wir uns bei Fragen immer wenden können
  • die örtliche Caritas-Gruppe, die sich beim Treff International um das Snack- und Kuchenbuffet kümmert
  • die Spender, die uns mit Geld oder nützlichen Sachspenden halfen
  • die Vermieter, die ihre Wohnung für Geflüchtete zur Verfügung stellten