Fremde Kulturen in der eigenen Stadt

„Früher bin ich gern ins Ausland gereist – zum Zweck der Welt-Anschauung. Seit 2015 ist das Ausland mit Wucht zu uns ins Inland gekommen“, sagt Brigitte Heidebrecht. Vergangene Woche war sie auf Einladung der Gemeinde Schwieberdingen und des Freundeskreises Asyl in der Bruckmühle zu Gast. Dort las sie aus ihrem Buch „Fernreise daheim. Von Flüchtlingen, Kulturen, Identitäten und anderen Ungereimtheiten“.

Dabei erzählte sie von ihren eigenen Erfahrungen aus der Flüchtlingsarbeit und dem Kontakt mit fremden Kulturen.

„Auf liebenswerte Weise und stest um wirkliches Verstehen bemüht, erzählt die Autorin von Menschen zwischen Überforderung und Abschiebungsgefahr, zwischen Angst im Herkunftsland und Heimweh nach dem Zurückgelassenen“, berichtet die Ludwigsburger Kreiszeitung über die Lesung.

Brigitte Heidebrecht veröffentlichte in den 80er und 90er Jahren eigene Texte. Nach 15 Jahren schriftstellerischer und verlegerischer Aktivität hörte sie auf zu schreiben, bis sie 2015 in die ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit einstieg.

 

Kulturen und andere Ungereimtheiten

Die Gemeinde Schwieberdingen und der Freundeskreis Asyl laden am 27. November (Mittwoch) um 19 Uhr ein zu einer Autorenlesung mit Musik in die Bruckmühle. Brigitte Heidebrecht liest „Fernreise daheim. Von Flüchtlingen, Kulturen, Identitäten und anderen Ungereimtheiten“

Brigitte Heidebrecht veröffentlichte in den 80er und 90er Jahren eigene Texte und zahlreiche Anthologien. Nach 15 Jahren schriftstellerischer und verlegerischer Aktivität hörte sie auf zu schreiben, bis sie 2015 in die ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit einstieg. Ihre Erlebnisse mit den Geflüchteten schildert sie in ihrem augen- und herzöffnenden Buch „Fernreise daheim“.
Für die musikalische Gestaltung sorgt der afghanische Rubab-Spieler Shagol Momeni.

„Früher bin ich gern ins Ausland gereist – zum Zweck der Welt-Anschauung. Seit 2015 ist das Ausland mit Wucht zu uns ins Inland gekommen. Seit dieser Zeit engagiere ich mich ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit und erlebe nun daheim, was ich früher an fernen Orten erlebte: den staunenden Kontakt mit fremder Kultur. Das erlaubt Neugier und Faszination, und liefert ebenso oft Anlass zu Befremden und Reibung. Stolpersteine gibt es reichlich. Begriffe, Rollen und Selbstverständlichkeiten unterschiedlichster Art purzeln da übereinander. Hier – in meiner eigenen Stadt – habe ich nun viel mehr Zeit, das Fremde zu erleben. Kann ich sehr viel näher treten, um zu begreifen. Davon will ich kleine Geschichten erzählen…“

Der Eintritt ist frei, Spenden und der Erlös aus den verkauften Büchern fließen in die Flüchtlingshilfe.

 

„Amal“ bewegt die Filmgäste

Knapp 70 Besucher kommen in die Bruckmühle, um den Film "Amal" zu sehen. Foto: cr

Es war ein Abend, der berührte, der zum Nachdenken anregte und Einblicke in das Leben einer Flüchtlingsfamilie gab, wie sie wohl wenige Deutsche zu sehen bekommen: Vor wenigen Tagen wurde in der Bruckmühle in Schwieberdingen der Film „Amal“ gezeigt, eine Dokumentation über eine syrische Flüchtlingsfamilie. Die katholische Kirchengemeinde St. Petrus und Paulus hat zusammen mit dem Freundeskreis Asyl, der Gemeinde Schwieberdingen und der katholischen Erwachsenenbildung im Landkreis Ludwigsburg zu der Veranstaltung geladen. Die Resonanz war größer als erwartet: Fast 70 Personen kamen, darunter etliche Geflüchtete.

Die junge Filmemacherin Caroline Reucker hat für „Amal“ eine Flüchtlingsfamilie sechs Monate lang begleitet. Sie war dabei, als zwei der Kinder das Fahrradfahren neu lernten, sie war dabei, als die Kinder an einen See gingen und dort Enten fütterten und sie war dabei, als die jungen Asylsuchenden einen Rummel besuchten und sich beim Boxautofahren amüsierten. Vor allem war sie aber auch dann dabei, wenn die Geflohenen unter sich waren. Sie hielt Szenen mit der Kamera fest, die selbst Flüchtlingshelfer kaum bis gar nicht miterleben. Vertraute Gespräche zwischen Mutter und Tochter, in der beide ihre Sehnsüchte aussprechen: Die Mutter erzählt, wie sie die simplen Dinge des Alltags vermisst. Sie erwähnt den Innenhof ihres Hauses, den sie in Syrien so gerne mit dem Schlauch abgespritzt hat und lässt durchblicken, wie sehr sie sich nach ihrer Heimat sehnt und darauf hofft, eines Tages zurückkehren zu können. „Ja, niemand würde gerne sein Land verlassen.“ Es ist dieser Satz der Mutter, der so vieles ausdrückt.

Ganz anders ihre Töchter: Sie sind es, die das neue Leben in Deutschland annehmen und auch einfordern. Sie sehen in Deutschland ihre Zukunft, wollen hier ankommen. Und sie sagen das auch in aller Deutlichkeit. Regisseurin Caroline Reucker, die die Aufnahmen untertiteln ließ, hat die Familie einfach sprechen lassen. Sie hat die Kamera drauf gehalten und still beobachtet. Oder wie sie es selbst nennt: Sie hat blindgefilmt.

Die Ehrlichkeit des Films war es dann auch, die die Besucher bewegte. „Man hat viele alltägliche Einblicke erhalten. Man sieht, wie schwierig es ist, in ein neues Land einzusteigen“, sagte eine Frau in der anschließenden Gesprächsrunde. Hannemarie Schuler von der katholischen Kirchengemeinde brachte es schließlich auf den Punkt: „Es war ein Abend, der noch lange in Erinnerung bleiben wird.“ Nicht nur wegen des Films, sondern auch, weil einige Flüchtlinge unter den Besuchern von ihren Sorgen und Ängsten erzählten. „Ich habe meine Familie seit fünf Jahren nicht gesehen. Meine Frau, meine Kinder – es ist mir schwer gefallen, diesen Film zu sehen“, sagte ein Asylsuchender auf Deutsch.

Die Veranstaltung wurde von Jörg Maihoff, Bildungsreferent der katholischen Erwachsenenbildung, moderiert. Sami Alrjoula übersetzte zwischen den deutsch- und arabischsprechenden Besuchern. Beiden – und natürlich auch der Regisseurin und den fleißigen Jugendlichen von der Cocktailbar – ein herzliches Dankeschön für einen bewegenden und tiefgründigen Abend, der vor allem aber eins machte: Hoffnung. Nichts anderes bedeutet Amal. (cr)

Weitere Infos zum Film gibt es auf der Homepage der Regisseurin.

Öffentliche Filmvorführung am Montag

Szene aus dem Film "Amal". Foto: Christian Scheunert

Gleich vier Einrichtungen laden am Montag (10. Juli) zu einem Abend der Begegnung. In der Bruckmühle wird um 19 Uhr der Film „Amal – Hoffnung für eine syrische Flüchtlingsfamilie“ gezeigt. Veranstalter sind die Gemeinde Schwieberdingen, die katholische Kirchengemeinde St. Petrus und Paulus, die katholische Erwachsenenbildung im Landkreis Ludwigsburg und der Freundeskreis Asyl Schwieberdingen. Der rund 55-minütige Dokumentarfilm begleitet eine syrische Flüchtlingsfamilie bei ihren ersten Schritten in Deutschland. Im Anschluss spricht die Regisseurin mit den Gästen. Es werden Snacks und alkoholfreie Cocktails geboten. Die Veranstaltung ist offen für alle Schwieberdinger. Der Eintritt beträgt fünf Euro. Flüchtlinge haben freien Eintritt. Wir freuen uns auf Ihren Besuch. (cr)

Fotos: Christian Scheunert

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