Zu Besuch im Deutschunterricht

Sprache ist und bleibt der Schlüssel zu Integration: Der Freundeskreis Asyl Schwieberdingen (FKA) lädt deshalb mehrmals wöchentlich zu Sprachkursen ins evangelische Gemeindehaus ein. Hier lernen Geflohene, sich auf Deutsch zu verständigen und ihr Gegenüber zu verstehen.

Zu Besuch in einer Unterrichtsstunde:

„Welcher Tag ist heute?“ Annette Olbricht, Leiterin des FKA und Lehrerin im Ruhestand, spricht auffallend deutlich und langsam, als sie ihre Frage formuliert. Vor ihr sitzen zehn Frauen und blicken sie an. „Dienstag“, murmelt schließlich eine der Sprachschülerinnen. Annette Olbricht nickt und animiert die Lernenden, laut und deutlich in ganzen Sätzen zu sprechen: „Heute ist Dienstag“, sagt sie und die Frauen stimmen mit ein. Klatschend sprechen sie Silbe für Silbe. „Heu-te ist Diens-tag“, schallt es durch den Raum.

Dreimal pro Woche laden die Mitstreiter des Freundeskreises zum Sprachtraining. An zwei Vormittagen wird die deutsche Sprache erlernt, an einem Nachmittag wird Sprechen geübt. Die Vormittagskurse richten sich an Erwachsene, die keinen Integrationskurs besuchen dürfen oder können. Schließlich haben nicht alle Geflüchteten einen Anspruch auf einen vom Bundesamt für Migration finanzierten Kurs. Beim Nachmittagsunterricht treffen sich Geflohene, die einen regulären Integrationskurs besuchen. Gemeinsam üben sie das Gelernte. Oft sind auch Männer dabei – an diesem Vormittag sind es aber ausschließlich Frauen.

„Es gibt Analphabeten, die noch nie eine Schule besucht haben und es gibt die sogenannten Zweitschriftlerner“

Das Lernniveau der Kursbesucher ist sehr verschieden; differenziert wird innerhalb der Gruppe, da mehrere Betreuer anwesend sind. „Es gibt Analphabeten, die noch nie eine Schule besucht haben und es gibt die sogenannten Zweitschriftlerner, die Grundlagen des Schriftspracherwerbs in ihrer Muttersprache gelernt haben, nun aber neben den neuen Lauten und Buchstaben auch grundlegend die Links-Rechts-Richtung beim Lesen und Schreiben erlernen müssen“, berichtet Annette Olbricht. Hinzu kommen Frauen, die als Migrantinnen in Schwieberdingen leben und durch Mund-zu-Mund-Propaganda von dem Sprachangebot erfahren haben. So besuchen seit vergangener Woche auch eine Rumänin, eine Kroatin und eine Türkin den Unterricht.

Um den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden, betreuen mehrere Mitstreiter des FKA den Kurs. Vergangene Woche diktiert Heinz Habrunner, der spontan für Konrad Raid eingesprungen ist, den Migranten einfache deutsche Sätze, während Hanna Bladt die Flüchtlinge ihrer Kleingruppe einzelne Buchstaben schreiben lässt. Für Aufheiterung zwischendurch sorgt die beliebte Bewegungspause. Klatschend werden die Kleinkinder, die die Frauen zum Kurs mitgebracht haben, begrüßt. „Hallo Shaho, schön, dass du da bist“, sagen die Lernenden gemeinsam. Anschließend wird im Stehen von eins bis 20 gezählt und dabei das linke Knie und der rechte Ellenbogen – sowie andersherum – zusammengeführt. „In Verbindung mit Bewegung lässt sich Sprache besser erlernen “, erläutert die ausgebildete Physiotherapeutin Hanna Bladt die Übung.

Wer Lust hat, den FKA beim Sprachunterricht zu unterstützen, ist herzlich willkommen – dazu telefonisch oder per E-Mail Kontakt aufnehmen.

Ein großes Dankeschön an dieser Stelle auch an die evangelische Kirchengemeinde, die die Räume für den Kurs zur Verfügung stellt.

 

Flüchtlinge und Migranten lernen in Kleingruppen die deutsche Sprache. Während manche Kursbesucher schon ganze Sätze schreiben, üben andere Teilnehmer erst einmal Buchstabe für Buchstabe. Fotos: FKA