„Syrien – ein Land zwischen den Fronten“: Unter diesem Titel fand der zweite Teil unserer Vortragsreihe statt. Julia Musial von der Landeszentrale für politische Bildung (lpb) Baden-Württemberg kam dazu am 14. März mit einer Powerpoint-Präsentation in den Mehrzwecksaal des Rathauses in Schwieberdingen. 30 interessierte Bürger folgten den Ausführungen mit großem Interesse.

Über das tägliche Leid der Bewohner Syriens durch den Krieg werden wir fast täglich über die Medien informiert. Erwähnt seien nur der Themenabend „Syrien –Sechs Jahre Krieg“ in Arte am 7. März sowie die fünf Filme über Syrien hintereinander und die Wiederholung des Films „Homs – Ein zerstörter Traum“ im WDR am 15. März. Aber über die Hintergründe erfährt man sehr wenig.

Umso lehrreicher waren die Schilderungen von Julia Musial. Sie berichtete unter anderem über folgende Aspekte:
- Der syrische Staat: Im Sykes-Picot-Abkommen (1916) zwischen England und Frankreich wurden die Grenzen Syriens festgelegt. Es folgte die Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1946, die Gründung der Vereinigten Arabischen Republik (1958 bis 1961), die Übernahme der Regierung der Arabischen Republik Syriens durch die Baath-Partei Syriens (1963), der Präsidenten Hafis al-Assad (1970) und die Machtübernahme durch Baschar al-Assad im Jahr 2000.
- Die syrische Gesellschaft: 2010 zählte Syrien 20,5 Millionen Einwohnen. 70 Prozent sind Sunniten, 14 Prozent Schiiten und 13 Prozent Christen. Der Shia-Sunna-Konflikt führte im 7. Jahrhundert zur Spaltung des Islams und dem Streit über die Nachfolge. Während die Sunniten, die auch in Saudi Arabien und Ägypten die Mehrheit bilden, keine Einheitsauslegung des Islams kennen, sehen die Schiiten Ayatollah im Iran den obersten Führer.
- Die Politik und Herrschaft unter Assad führte zur Ideologie des Baathismus, einem säkularen System (Trennung zwischen Religion und Staat) mit autoritären Strukturen. Die konfessionellen Spannungen wurden ausgenutzt und an Minderheiten Privilegien vergeben.
- Wirtschaftliche Situation: Die großen Branchen wurden verstaatlicht und es herrscht eine sehr große Arbeitslosigkeit in der gesamten arabischen Welt: 40 Prozent in Syrien, 47 Prozent in Jordanien und 59 Prozent in Ägypten. Insbesondere die hohe Jugendarbeitslosigkeit vermittelt kaum eine Perspektive für die Zukunft.
- Die Anfänge des Konflikts: Diese begannen am 15. März 2011 mit dem „Arabischen Frühling“ in Tunesien, später auch in Kairo. Am 18. März 2011 schoss das Militär erstmals auf Demonstranten. Ab Juli wurden Rücktrittsforderungen an die Regierungen laut oppositionelle Splittergruppen gebildet. Im Februar 2012 trat in Syrien eine neue Verfassung in Kraft. Im Sommer folgte der erste Einsatz der Luftwaffe gegen die Rebellen. Im Herbst meldeten die Aufständischen erste Gebietsgewinne. Im April 2013 schlossen sich die Kämpfer der Al-Nusra-Front und die ISI (Islamischer Staat im Irak) zusammen zur ISIS (Islamischer Staat im Irak und in Syrien). Am 21. August 2013 erfolgte der erste Giftgaseinsatz. Es kam zur Radikalisierung, auch gegen die bewaffneten Gruppen aus dem Irak (IS). Anfang 2016 eroberten die regierungstreue Truppen mit Deckung der russischen Luftangriffe Gebiete nördlich von Aleppo. Die Kämpfe um Ar-Raqqag und Mossul dauern an.
Seit Beginn des Krieges wurden über 400.000 Menschen in Syrien getötet und 4,9 Millionen Menschen haben seit 2011 das Land verlassen.
Der Vortrag hat den Zuhörern viele interessante und wissenswerte Einblicke gegeben.
(Text & Bilder: Peter Schlichting)